Kürzlich war Aktienportfoliomanager Mark Casey zu Gast beim CEO von Capital Group. Im Rahmen der Reihe Gespräche mit Mike Gitlin sprach er offen über seinen Investmentansatz und darüber, was in den vielen Jahren im Silicon Valley gelernt hat. Im Folgenden lesen Sie einen Auszug daraus.
Langfristig Investieren ist schwierig, und der Wettbewerb ist groß. Als professioneller Investor, versuche ich immer, mich positiv abzuheben – durch besondere Informationen, Fähigkeiten oder Gewohnheiten, die mir helfen langfristig überdurchschnittliche Erträge zu erzielen.
In meiner beruflichen Laufbahn haben mir zwei Dinge geholfen: auf unscheinbare Dinge zu achten und eine hohe kurzfristige Schmerzgrenze
Manchmal sind Dinge, die noch weit entfernt sind, sehr wichtig
Schon zu Beginn meiner Laufbahn habe ich eine ungewöhnliche Vision entwickelt. Damals war Aktienanalyst, verantwortlich für Zeitungen, digitale Bildgebung und das Internet. Damals waren Zeitungen enorm erfolgreich. Warren Buffet hat gleich zwei davon gekauft. Sie waren lokale Monopolisten ohne besonderen Wettbewerbsdruck durch andere Zeitungen oder Zeitschriften. Aber die Fortschritte der Onlinewerbung von Unternehmen wie Craigslist, eBay, Zillow und dem Stellenportal monster.com, machten ihrem Geschäftsmodell den Garaus.
Die Leute aus der Zeitungsbranche haben das niemals kommen sehen. Xerox ist ein weiteres Beispiel – ein tolles Unternehmen, das mal zu den Nifty-Fifty-Aktien gehörte. Ich denke am Ende hat das iPad das Ende von Xerox eingeläutet, weil man mit ihm in einem Meeting automatisch alle Dokumente dabeihatte. Man musste sie nicht mehr ausdrucken.
Die Gelben Seiten waren vor allem ein Opfer von Google und Yelp. Und Kabelfernsehen wurde das Aufkommen von Streamingdiensten obsolet. Aber als Netflix anfing und zunächst DVDs zu verschicken, da dachte nicht. "Wetten, dass das die Kabelanbieter in die Knie zwingen und die ganze Branche auf den Kopf stellen wird." Aber genau das ist passiert.
So habe ich gelernt, auf anscheinend unwichtige Dinge zu achten, und sie ernst zu nehmen. Alle Beispiele, die ich bisher genannt habe, wurden das Opfer digitaler Innovationen. Aber irgendwann habe ich nicht mehr nur darauf geachtet, welche Unternehmen unter etwas leiden könnten. Stattdessen habe ich mich gefragt: "Wer wird durch diese digitalen Trends zum Gewinner?"
Im Grunde genommen beruhen meine Portfolios auf dieser Frage. Ich habe in eine Reihe digitaler Trends investiert, die aus meiner Sicht in den kommenden Jahren ganze Branchen verändern werden. Heute schauen weniger Menschen Kabelfernsehen. Stattdessen streamen sie Inhalte von Netflix oder Hulu. Und die Leute bezahlen seltener mit Bargeld. Ich gehe davon, dass bald die meisten Zahlungen digital abgewickelt werden. Ein weiteres Beispiel sind Stand-PCs. Unternehmen wie Capital Group und andere verwalteten ihre Daten über eigene Server, sodass Cloud Computing möglich wird. Das ist vermutlich ein sehr starker Trend.
Kurzen Einbrüchen können langfristige Gewinne folgen
Eine weitere Eigenschaft, die meinen Investmentansatz besonders macht, ist eine hohe kurzfristige Schmerzgrenze, wenn ich davon überzeugt bin, dass es sich am Ende lohnt. Anders gesagt, kann ich sehr geduldig sein und eine Aktie auch in sehr volatilen Phasen behalten, wenn ich das Gefühl habe, dass sie das Potenzial hat, langfristig erfolgreich zu sein.
Wenn ich unsere Analysten bitte, eine Liste mit den Unternehmen mit dem größten Ertragspotenzial auf Sicht der nächsten fünf Jahre zusammenzustellen und eine zweite mit den Unternehmen mit den größten Verlustrisiken in der nächsten Rezession, finden sich häufig Unternehmen auf beiden Listen. Die Leute sagen manchmal: "Mensch Mark, Du bist in viele Unternehmen investiert, die in einer Rezession um 30% einbrechen könnten." Ich sage dann: "Da hast du recht. Und wenn das passiert, werde ich einfach abwarten. Wenn sie wieder steigen und ihr langfristiges Potenzial entfalten, ist es das wert."
Viele andere Portfoliomanager würden nicht so hohe Kurzfristrisiken eingehen. Und das ist einer der Vorteile von The Capital System™. Weil unsere Fonds von mehreren Portfoliomanagern mit unterschiedlichen Ansätzen gesteuert werden, von denen viele für das nächsten Jahr pessimistisch sind, kann ich mich auf die nächsten acht Jahre konzentrieren.
Wenn ich von einer Aktie überzeugt bin, kann ich mich, selbst wenn der Kurs fällt, wie eine Seepocke an den Rumpf eines Frachters heften und an ihm festhalten, selbst wenn in der Antarktis durch Eisberge fährt. Wenn sich allerdings die Investmentthese ändert und ich nicht mehr an künftige Erfolge glaube, dann stoße ich mich ab.