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Investmentresearch von der Capital Group

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Marktvolatilität
Was der Zusammenbruch der SVB für Anleger bedeutet
Pramod Atluri
Portfoliomanager für festverzinsliche Wertpapiere
Jared Franz
Aktienportfoliomanager
Will Robbins
Aktienportfoliomanager

Seit mehr als einem Jahr fragen sich Anleger, was die US-Notenbank dazu bewegen könnte, ihre aggressive Zinsanhebungspolitik zu ändern. Der Zusammenbruch von SVB Financial, der Muttergesellschaft der Silicon Valley Bank, könnte ein Ereignis gewesen sein, das genau dazu führt.


Der Niedergang der sechzehntgrößten Bank der USA hat die Sicht auf das Thema Zinsen für 2023 und darüber hinaus dramatisch verändert, und der Markt stellt sich die Frage, wie die Fed und andere Zentralbanken auf die wachsenden Turbulenzen im Bankensektor reagieren werden. Da sich die Angst vor einem Übergreifen der Krise ausbreitete, gerieten auch die europäischen Banken unter Druck, was die Aufsichtsbehörden dazu zwang, einzugreifen und ins Wanken geratene Finanzinstitute zu stützen.


Am vergangenen Wochenende erklärte sich die Schweizer Großbank UBS bereit, ihren langjährigen Konkurrenten Credit Suisse für mehr als 3 Milliarden US-Dollar zu übernehmen. Die Aufsichtsbehörden begrüßten diesen Deal, da er geeignet scheint, das Vertrauen in das globale Bankensystem wiederherzustellen.


Die rasche Abfolge der Ereignisse hat dazu geführt, dass die Fed, die bekanntermaßen noch vor zwei Wochen weitere Zinserhöhungen plante, nun ihren Kurs ändert und möglicherweise noch vor Ende des Jahres Zinssenkungen beschließen wird.


Am Mittwoch erhöhte die Fed zwar ihren Leitzins nochmals um 25 Basispunkte, doch anders als bisher vermieden dabei ihre Vertreter, von der Notwendigkeit „fortlaufender“ Zinserhöhungen zu sprechen. Darüber hinaus zeigt der rasche Rückgang der Anleiherenditen in den letzten beiden Wochen, dass die Anleger angesichts des erwarteten geringeren Wirtschaftswachstums und Inflationsrückgangs von einer Zinssenkung durch die Fed ausgehen, so Portfoliomanager Pramod Aturi.


„Die Verwerfungen, die wir an den Finanzmärkten beobachten, läuten für die Fed eine schwierige Phase ein“, sagt Aturi. „Es war klar, dass eine der aggressivsten Zinserhöhungskampagnen der Geschichte nicht ohne Folgen bleiben würde. Das Vorgehen der Fed hat schonungslos Schwachstellen im Bankensystem aufgedeckt, und infolgedessen nähern wir uns möglicherweise dem Ende der Zinserhöhungen.“


Der Kollaps der SVB hat die Zinserwartungen drastisch verändert

Quellen: Capital Group, Bloomberg Index Services Ltd., Refinitiv Datastream, U.S. Federal Reserve. Der Leitzins der Fed entspricht dem maximalen vom Federal Open Markets Committee (FOMC) festgelegten Overnight-Zinssatz für Interbankkredite unter US-Banken. Stand: Intraday, 15. März 2023.

Das Rezessionsrisiko steigt


Für die Anleger, die für dieses Jahr eine Rezession erwarten – und das sind viele – trübt eine hinzukommende Bankenkrise die Aussichten zusätzlich stark ein, sagt Capital Group-Wirtschaftsexperte Jared Franz.


Ein Grund für den schnellen Rückgang der Anleiherenditen liegt darin, dass die Marktteilnehmer mittlerweile noch stärker von einer Rezession ausgehen als vor der Pleite der SVB. Ein starker Indikator dafür ist eine umgekehrte Zinsstrukturkurve, bei der die Rendite kurzfristiger US-Staatsanleihen höher ist als die Rendite längerfristiger Anleihen.


„Das ist der zuverlässigste Rezessionsindikator, den wir haben“, erklärt Franz.


Die umgekehrte Zinsstrukturkurve weist auf ein Rezessionsrisiko hin

Capital Group, Bloomberg Index Services Ltd., National Bureau of Economic Research, Refinitiv Datastream. Stand 17. März 2023.

Rezessionen mit Beteiligung des Bankensektors fallen in der Regel schwerwiegender aus als die gewohnten zyklischen Wirtschaftsabschwünge, so Franz. Banken verschärfen in einer solchen Situation ihre Kreditvergabestandards. Dies wirkt sich negativ auf die Gesamtwirtschaft aus, weil es für Unternehmen und Privatpersonen den Zugang zu Finanzierungen erschwert. Zu erwartende weitere Folgen sind laut Jared Franz Konsumrückgang und weniger Neueinstellungen, da die Verbraucher mehr sparen und Unternehmen in verstärktem Maß Personalabbau anstreben.


Franz erwartet für das Gesamtjahr einen Rückgang des US-amerikanischen Bruttoinlandsprodukts um etwa 1,5 bis 2,0 % gegenüber einem zuvor erwarteten Rückgang von lediglich 1,0 %. „Damit lägen wir aber immer noch deutlich unter dem Niveau der globalen Finanzkrise von 2007 bis 2009, als das BIP um 4,3 % sank. Einen solchen Rückgang werden wir diesmal mit Sicherheit nicht erleben“, betont Franz.


Problem Inflation


Die Herausforderung für die Fed besteht in der weiterhin hohen Inflation. Im Jahresvergleich lag der US-Verbraucherpreisindex im Februar bei +6 % und damit weit über dem Ziel der Fed von +2 %. Die Fed muss also darauf achten, die Zinsen nicht zu früh wieder zu senken. Statt einer baldigen Zinssenkung könnte sie zunächst abwarten, wie sich das finanzielle Umfeld in den kommenden Monaten entwickelt und ob weitere Probleme im Bankensektor oder anderswo auftreten.


„Die Fed muss nach wie vor entschlossen die Inflation bekämpfen“, erklärt Franz. „Ironischerweise könnte gerade das Scheitern der SVB der Fed helfen, ihr Ziel der Geldverknappung zu erreichen, sodass die Nachfrage und damit auch der Inflationsdruck sinken.


Die neue Situation besteht erst seit zwei Wochen, daher lässt sich momentan schwer prognostizieren, wie das Ganze letztlich ausgeht. Viel hängt von der Reaktion der Aufsichtsbehörden und auch davon ab, ob weitere Banken ins Straucheln geraten. Die Situation ist noch unklar, und ich glaube kaum, dass irgendjemand eine komplette Lösung des Problems parat hat – aber hoffentlich stellen wir uns wenigstens die richtigen Fragen.“


Banken in der Krise? Was wir erleben, ist nicht neu


Will Robbins, Portfoliomanager und ehemaliger Bankanalyst der Capital Group, geht weiterhin davon aus, dass das US-Bankensystems robust genug ist. Er glaubt, dass sich der Sturm mit der Zeit wieder legen wird, und weist darauf hin, dass die Aufsichtsbehörden schnell gehandelt haben, um Panik unter den regionalen Bankinvestoren nicht ausufern zu lassen. Zudem beteiligen sich größere Banken an der Finanzierung der Rettungsbemühungen.


„Was gerade passiert, ist absolut nichts Neues“, sagt Robbins, der sich seit mehr als 30 Jahren mit dem Bankensektor beschäftigt. „Es handelt sich hier schlicht und einfach um einen Bank Run der althergebrachten Art. Ja, es wird unangenehm werden, und ja, es wird dauern, die Probleme zu lösen. Aber ich bin überzeugt, dass wir gut genug aufgestellt sind, um das durchzustehen.“


Robbins erwartet nach dem Zusammenbruch der SVB verschiedene Maßnahmen, darunter eine drastische Verschärfung der Kreditstandards, strengere Regulierungsvorschriften für kleine und mittlere Banken und in der Folge Probleme für solche Geldhäuser, weiterhin ausreichend profitabel zu bleiben.


„Ich glaube, dass langfristig die Ertragskraft kleinerer Banken beeinträchtigt wird, wenn sie unter die gleichen aufsichtsrechtlichen Vorschriften fallen, die nach der Finanzkrise für große Banken erlassen wurden“, sagt Robbins. Solche Vorschriften umfassen höhere Kapital- und Liquiditätsanforderungen, regelmäßige Stresstests und Beschränkungen bei den Anlagetypen, die Banken in ihren Anleihenportfolios einsetzen können. Bisher waren im Allgemeinen Banken mit einem Vermögen von weniger als 250 Milliarden US-Dollar von solchen Vorschriften befreit.


Regionale Banken stehen nach dem SVB-Kollaps im Fokus

Quellen: Capital Group, FactSet. Einlagenwerte zum 31. 12. 2022.

Robbins weist auf die Dynamik der aktuellen Entwicklung hin und betont, dass Anleger die Situation weiterhin sehr genau verfolgen sollten.


„Die Zentralbanken haben schnell reagiert und versuchen, negative Auswirkungen auf das Finanzsystem als Ganzes einzudämmen. Wir stecken immer noch mitten drin in den Problemen, daher lässt sich im Moment nicht vorhersehen, wie das Ganze letztlich ausgeht.“


Ist „Too Big to Fail“ jetzt ein Qualitätsmerkmal?


Wie jede Krise bietet auch diese potenzielle Chancen, insbesondere für langfristig orientierte Anleger.


Große US-Banken beispielsweise verzeichnen bereits massive Einlagenzuflüsse, da die Kunden von regionalen Institutionen zu den als sicher wahrgenommenen „Big Four“ JPMorgan Chase, Bank of America, Citigroup und Wells Fargo wechseln.


Zudem werden große Unternehmen mit starken Bilanzen und der Fähigkeit, ihr eigenes Wachstum zu finanzieren, im Vergleich zu kleineren Marktteilnehmern ohne solche Kapazitäten voraussichtlich von einem Umfeld profitieren, in dem es schwieriger wird, Zugang zu den Kapitalmärkten zu erhalten. Große Technologie- und Consumer-Tech-Unternehmen von Apple bis Amazon könnten wieder in den Fokus rücken, wenn die Zinsen deutlich sinken.


„Das sind genau die Unternehmen, die unter den steigenden Zinsen leiden“, sagt Will Robbins. „Jetzt haben sie die Chance, in einem Umfeld mit generell geringem Wachstum überdurchschnittlich erfolgreich zu sein. Sie sind für ihr Wachstum nicht auf Zugang zu Fremdkapital angewiesen. Und in vielen Fällen haben sie ihre wichtigen Investitionen bereits zu einem Zeitpunkt finanziert, zu dem die Kapitalkosten deutlich niedriger waren.


Wenn man also davon ausgeht, dass die Zinsen sinken oder zumindest nicht so stark steigen wie bislang erwartet, könnten wachstumsorientierte Unternehmen erheblich im Wert steigen, insbesondere solche, die die Grundlagen ihres Wachstums schon vor Jahren gelegt haben.“



Pramod Atluri ist Anleihenportfoliomanager und hat 20 Jahre Investmenterfahrung (Stand 31. Dezember 2023). Er hat einen MBA von der Harvard University, einen Bachelor von der University of Chicago und ist Chartered Financial Analyst (CFA).

Jared Franz ist Aktienportfoliomanager und hat 18 Jahre Investmenterfahrung (Stand 31. Dezember 2023). Er hat an der University of Illinois in Chicago in Wirtschaftswissenschaften promoviert und hat einen Bachelor in Mathematik von der Northwestern University.

William L. Robbins ist ein Aktienportfoliomanager bei Capital Group. Er ist auch Mitglied des Capital Group Private Client Services Management Committee und des Portfolio Solutions Committee. Er verfügt über 27 Jahre Anlageerfahrung und ist seit 25 Jahren bei Capital Group tätig.


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